Digitale Bildung in der Schule: Apps, Methoden und Techniken am Beispiel Estlands

Auf Wiedersehen Tafel, willkommen Smartboard! In Estlands Klassenzimmer befinden sich Kreide & Co. im digitalen Wandel. Was sich deutsche Lehrer von ihren estnischen Kollegen abschauen können.

Tablet, Smartboard, QR-Code, didaktische Apps – für den deutschen Schüler fremd, für den estnischen selbstverständlich. Das kleine baltische Land ist europäischer Spitzenreiter im Einsatz von moderner Technik im Unterricht. Und der Erfolg gibt dem virtuellen Klassenzimmer Recht. Nicht ohne Grund ist Estland derzeit Europas Nummer eins im PISA-Ranking.

Digitale Bildung im Klassenraum – Schüler und Lehrer vernetzen

Der Schlüssel zum digitalen Lernerfolg: interaktives Arbeiten. Dank Smartboard, Tablet, elektronischen Schulbüchern und individuellem QR-Code werden Schüler und Lehrer eins. Die Matheaufgabe wird nicht mehr nur von einem einzigen Schüler gelöst, sondern von der ganzen Klasse. Zugleich erhält der Lehrer Feedback per Knopfdruck. Daten und Statistiken zeichnen den Lernerfolg auf, sowohl den der ganzen Klasse als auch den des Einzelnen. Das soll keine Strafe für schwache Leistungen oder unmotivierte Schüler sein. Vielmehr ist das interaktive Lernen als ehrliches Feedback für die Lehrkraft zu verstehen: Im Bruchrechnen sind wir schon stark. In Geometrie und Kopfrechnen aber hapert es noch. Deutsche Lehrer hingegen können Stärken und Schwächen nur erahnen. Schwarz auf weiß haben sie sie erst im Test.

Besonderer Beliebtheit erfreut sich in der virtuellen Klassengemeinschaft auch die App. Die kleinen Gadgets schulen schließlich nicht nur Soft Skills wie Präsentationstechniken, Merkfähigkeit oder Bildbearbeitung, sondern vermitteln auch noch wertvolles Fachwissen. Ob unterhaltsame Sprach-Lern-App, spielerische Physik-Erklärstunde oder multilingualer Geschichtsrundgang um die Berliner Mauer – didaktische Apps gibt es inzwischen für alle Fächer und Themen.

Spaß am digitalen Lernen

Digitale Lehrmethoden sind aber längst mehr als nur Leistungsüberwachung und Lehrplanoptimierung. Mit ihnen soll der Unterricht wieder Spaß machen. Nicht selten sind Text und Skizzen für die jungen Köpfe zu abstrakt. Zu Leben erwachen die Inhalte erst mit Fotos, Grafiken und kurzen Videos. Abstraktes wird für den Schüler greifbar.

Dasselbe gilt für die Schrift. Verschnörkelte Tafelbilder in nahezu unleserlicher Handschrift gehören im digitalen Klassenzimmer der Vergangenheit an. Auf dem Smartboard sind Schriftgröße-, Farbe und Form schließlich frei wählbar. So lassen sich Wissenslücken kaum mehr auf Schreibfehler oder Missverständnisse schieben.

ekool – Estland als Vorbild in bürokratischen Angelegenheiten

Die digitale Bildung ist den Schülern aber nicht nur beim Lernen eine Stütze. Auch in organisatorischen Fragen haben sich die virtuellen Helfer längst unentbehrlich gemacht – allen voran ekool. Seit 2002 gehört das digitale Klassenbuch zum Standardrepertoire an estnischen Schulen. Hier findet Platz, was im Unterricht behandelt wurde, welche Hausaufgabe zu erledigen sind und wer wann gefehlt hat. So können die Eltern am Schulalltag teilhaben, ohne tatsächlich daran teilzuhaben. Sie laden Entschuldigungen hoch, versenden Nachrichten oder lassen die letzte Deutschstunde nochmal Revue passieren. Nicht umsonst versteht sich ekool auch als internes Netzwerk für Schüler, Eltern und Lehrer.

Gerade Lehrer schätzen ekool wegen des großen Zeit- und Papierersparnisses. Was früher alles sorgfältig per Hand in das Klassenbuch eingetragen werden musste, erledigt jetzt ein Klick. Maximal eine Stunde nimmt die Verwaltung jetzt noch in Anspruch. Und gut für die Umwelt ist das virtuelle Archiv auch noch. Dank ekool wird weniger Papier verschwendet.

Estland – ein Land mit digitaler DNA

Ob Smartphones, didaktische Apps oder Laptops – die Digitalisierung ist allgegenwärtig. So muss man auch mit ihr umzugehen wissen – je früher, desto besser. Das fängt schon bei den Kleinen an. Ab der dritten Klasse ist Digitalkunde fester Bestandteil des estnischen Stundenplans. Von Robotics über Cyber Security bis hin zu IT-Basics – estnische Schüler sind fit im Einsatz von moderner Technik im Unterricht. In höheren Jahrgangsstufen kommen dann noch Programmieren und komplexe mathematisch-theoretische Grundzüge hinzu. Nicht umsonst gilt Estland als Vorbild in digitaler DNA. Von klein auf gehören digitale Lehrmethoden zum Schulalltag wie Pausenbrot und Trinkflasche.